Mike, Zweite Bundesliga: Was kommt da auf uns zu?
Ein großer Abnutzungskampf. Woche für Woche. Ich habe diese Liga einige Jahre als Trainer erleben dürfen, mit der Spielvereinigung Greuther Fürth sind wir 2012 in die Bundesliga aufgestiegen. Es wird über Körperlichkeit gehen, über die Zweikämpfe, weil dir die Gegner jedes Wochenende die Freude am Spielen rauben möchten. Da musst du dich stellen und diese Attribute selbst reinschmeißen – am Ende aber auch über fußballerisches Vermögen versuchen, die Duelle zu gewinnen. Du benötigst Spieler, die in der Lage sind, den Unterschied auszumachen. Und du musst bereit sein, die Zweite Liga anzunehmen und zu leben.
Mit dem Spiel in Bielefeld war der Abstieg besiegelt. Was ging gegen Ende in Mike Büskens vor?
Bevor ich diese neue Aufgabe als Co-Trainer übernommen hatte, musste ich ja schon realistisch mit unserer tabellarischen Lage umgehen. Wenn der Moment kommt, ist er speziell. Leere. Dir wird klar, was du schon tausendmal durchgespielt hast; dass deine Gegner nicht mehr Dortmund, Bayern, Leipzig, Freiburg sind, sondern dass du 2021/2022 fester Bestandteil der Zweiten Liga sein wirst. Das war ein harter Moment, aber keiner, in dem ich ins Jammern verfallen bin. Denn wenn wir mal ganz, ganz ehrlich sind, dann können wir dafür keinem anderen die Schuld geben: nicht unserem Nachbarn 35 Kilometer entfernt, nicht der DFL, nicht den Schiris im Keller – das müssen allein wir als Verein mit uns ausmachen. Das tut weh. Und diese Entwicklung begleitet uns bereits seit Jahren. Dann fragt man sich über die Wochen und Monate: Wieso konnten wir das als Club nicht verhindern?
Das war ein harter Moment, aber keiner, in dem ich ins Jammern verfallen bin.
Zumal du mit diesem Verein ganz andere Zeiten erlebt hast …
Schalke nimmt in meinem Leben einen viel zu großen Platz ein, um diesen Niedergang zu akzeptieren. Das wühlt mich auf und zieht wahnsinnig viel Energie. Im Januar nach dem Sieg gegen Hoffenheim habe ich meine Gedanken niedergeschrieben und an viele Entscheider im Verein versendet, meine Bedenken ausgedrückt, weil ich die Situation einmal aus meinem Blickwinkel darlegen und auf ein paar Dinge hinweisen wollte. Ich halte uns nach wie vor für einen großartigen Verein, und ich wollte und will nicht akzeptieren, dass wir als FC Schalke 04 dort sind, wo wir sind. Das zerreißt mich und frisst mich auf. Denn ich kenne den Verein anders: als großartigen Club, wo jeder für den anderen da ist, wo wir immer füreinander eingestanden sind, immer ein offenes Ohr für die Menschen hatten, ein Teil ihres Lebens waren – und auch so wahrgenommen wurden. Das treibt mich viel mehr um als Gedanken wie: Hätten wir mal da oder dort gewonnen. Und genau das müssen wir ändern, um unsere Energie wieder in eine Richtung zu kanalisieren. Das ist elementar für uns. Wir haben die Chance, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Daran knüpfe ich große Hoffnungen. Durch den Strategie- und Führungswechsel sind ja nun bereits einige Personen dabei, die dem System neue Energie geben können.
In der Rolle als Co-Trainer siehst du inzwischen deine Zukunft. Kannst du dich so am besten für Königsblau einbringen?
Mir schwebt schon seit Jahren eine Rolle vor, wie sie Hermann Gerland bei den Bayern ausfüllt: wie er Werte des Vereins lebt und weitergibt. Dazu möchte ich bewusst und loyal einen Chef-Trainer unterstützen, auch ihm vermitteln, was dieser Verein bedeutet, was für eine hohe Wertigkeit er in den Herzen der Menschen hat, zudem sensibilisieren, worin die Schwierigkeiten, die Besonderheiten des S04 liegen können.
Schalke nimmt in meinem Leben einen viel zu großen Platz ein, um diesen Niedergang zu akzeptieren.
Wobei der größere Fokus auf den jungen Spielern liegt?
Genau. Ich möchte die Jungs aus der Knappenschmiede in ihrer Entwicklung begleiten und auf den nächsten Schritt im Fußball vorbereiten, als ein Verbindungsmann zwischen Nachwuchs- und Profiabteilung mithelfen, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass sie sich etablieren. Ich weiß aus eigener Erfahrung als Chef-Trainer, dass man bei der Schnelllebigkeit und Resultatabhängigkeit dieses Geschäfts oft gar nicht die Zeit hat, die eigenen Talente aufmerksam zu verfolgen, etwa, wenn sie in der U17, U19 oder U23 auf dem Feld sind.
Wie wichtig ist das Thema Bodenhaftung?
Es hat immer und überall Beispiele gegeben von Talenten, die dachten, sie hätten es geschafft, wenn sie regelmäßig mit den Profis trainieren dürfen und diverse Kurzeinsätze bekommen. Das ist aber nicht mehr als ein Zwischenschritt. Ab diesem Punkt wird es erst interessant und ein Stück weit gefährlich, denn dann kommen die äußeren Einflüsse hinzu: Schulterklopfer und einiges mehr, was so einen Jungen destabilisieren kann.
Welche Chancen die sportliche Misere eröffnen kann, wie tiefe Spuren die nächtliche Attacke nach dem Bielefeld-Spiel hinterlassen hat, und wie Mike Büskens den Fokus auch wieder auf Gelsenkirchen richten will – all das lesen Vereinsmitglieder im neuen Schalker Kreisel.
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