Wahnsinnig, hervorragend, unglaublich seien sie gewesen, verbunden mit der Kernerfahrung: „Schalke hat eine riesige Kraft.“ Persönlicher Schlüssel- und Gänsehautmoment: der Abpfiff des Heimspiels gegen Werder Bremen. „Hier haben wir in meinen Augen am deutlichsten unsere wahre Wucht und Stärke demonstriert. Fünf Spiele hintereinander gewonnen, mit breiter Brust und hohen Erwartungen als Spitzenreiter angetreten – und dann zu Hause 1:4 abgefertigt zu werden, das war hart. Wir waren alle konsterniert, die Mannschaft am meisten.“ Und dann hätten die Fans ihn tief beeindruckt: keine Pfiffe, keine Buhrufe, keine Wut. „Ihr habt die Mannschaft mit euren Gesängen wieder aufgebaut, Ihr habt ihr klargemacht: Wir sind bei euch, wir sind ein Team. Wir vertrauen euch, dass Ihr das in Sandhausen wiedergutmacht. Gemeinsam schaffen wir das. Denn wir sind alle Schalker.“
Dann ist auf Schalke alles möglich.
Diese Kraft zu bündeln, auszurichten und dann voranzugehen – darin sehe Schröder seine Aufgabe als Vorstandsvorsitzender. Wichtig sei ihm dabei, dass alle akzeptierten, dass jeder sein eigenes Bild von Schalke im Kopf habe. „Es gibt nicht das eine Schalke, es gibt viele Schalke. Und das ist richtig und wichtig. Und wenn wir es schaffen, diese einzelnen Kräfte zu bündeln und so auszurichten, dass alle gemeinsam in eine Richtung gehen, dann ist auf Schalke alles möglich.“
Kräfte bündeln, Richtung vorgeben und vorangehen, dies sei die Aufgabe des Vorstands. Die Arbeit als Vorsitzender solle geprägt sein vom Zuhören und Entscheiden. „Zuhören, weil ich dann einen besseren Überblick bekomme, wenn ich andere Meinungen und Sichtweisen einbeziehe. Perspektivwechsel machen immer schlauer und führen immer zu besseren Entscheidungen. Deswegen habe ich in diesen ersten Monaten sehr viele Gespräche geführt.“
Zu entscheiden, das sei der zweite Teil. „Wenn es notwendig ist, dann kann ich schnell und allein entscheiden. Das habe ich oft genug in meinem Leben gemacht. Aber viel lieber und viel häufiger entscheide ich aus der Kraft und der Mitte des Teams heraus. Weil dort die besten Entscheidungen entstehen – und weil es meinem Naturell entspricht.“
Große Zäsur
Ein gutes Beispiel dafür sei die große Zäsur für den S04, sich vom langjährigen Hauptsponsor Gazprom zu trennen. Als am Morgen des 24. Februar Putins Armee die Ukraine überfiel, sei das Vorstandsteam vorbereitet gewesen und habe die Reißleine gezogen. Zwei Tage später lief die Mannschaft in Karlsruhe mit „Schalke 04“ auf der Brust ein. „Dafür meinen ganz herzlichen Dank an alle Beteiligten, die so schnell diesen Weg mitgegangen sind – allen voran unserem Partner Vivawest. Danke!“
Einen großen Dank sandte Schröder auch an alle anderen Partner, die dem Verein in dieser herausfordernden Situation sowie im gesamten Zweitligajahr die Treue gehalten haben. „Auch das ist die Kraft von Schalke. Herzlichen Dank dafür! Und ich finde, dass diese Geschichte rund um den Wechsel des Hauptsponsors ganz gut zeigt, was ich mit ,zuhören‘ und ,entscheiden‘ meine; wie wichtig mir Teamarbeit ist; und wie stark wir als Verein sind, wenn wir alle gemeinsam in eine Richtung gehen.“
Wir werden erst ein solides Fundament schaffen.
Das Ziel für die nächste Saison sei ganz klar der Klassenerhalt. „Bei aller Euphorie über den Aufstieg – wir bleiben realistisch. Wenn wir die Klasse halten, war die nächste Saison erfolgreich.“ Darüber hinaus stelle sich aber die Frage: Wo will Schalke hin in den nächsten Jahren und Jahrzehnten? „Natürlich ist Schalke ambitioniert, wollen wir jedes Spiel gewinnen, haben wir unsere Ziele, und denken in langfristigen Szenarien. Aber: Wir gehen dabei Schritt für Schritt vor und werden erst ein solides Fundament schaffen, auf dem wir dann aufbauen können. Darin sehe ich meine Verantwortung als Vorstandsvorsitzender.“
Es gelte dabei zu definieren, wofür Schalke steht, wozu es den Verein überhaupt gebe. „Eine Antwort hierauf geben unsere Satzung und unser Leitbild. Aber das hat mir nicht gereicht.“ Deswegen habe der Vorstandsvorsitzende mit vielen Schalkern gesprochen und immer wieder dieselben Fragen gestellt: Was sind die Stärken von Schalke, was sind die Schwächen? Wo soll Schalke in zehn Jahren stehen?
Emotion und Leidenschaft als Stärke und Schwäche
Allein mehr als 12.000 Mitglieder hätten sich per Umfrage beteiligt. Als größte Stärke definierten die meisten: Emotion und Leidenschaft. „Ein bisschen schmunzeln musste ich bei den größten Schwächen“, meinte der 56-Jährige. „Die Antwort lautete: Emotion und Leidenschaft. Aber das ist eben Schalke, diese Höhen und Tiefen, dieses Auf und Ab, Freud und Leid eng beieinander.“
Zwei Punkte seien fast allen wichtig gewesen. Erstens: Schalke will Menschen begeistern – über die Gemeinschaft, über den Fußball. „Wir wollen Menschen zusammenbringen. Ein Leben lang. Jeder soll die Chance haben, ein Schalker zu werden. Und wir begeistern uns über unseren Fußball, dabei wollen wir möglichst immer gewinnen.“ Fernab von Ergebnissen aber sollten der Verein und die Gemeinschaft begeisternd sein. So wie nach der Niederlage gegen Bremen.
Der zweite Punkt, der Schalke ausmacht: „Wir wissen, wo wir herkommen, wo unsere Wurzeln sind. Das werden wir nie verleugnen, das macht uns aus. Und darum hat Schalke eine nachhaltige Verantwortung dieser Region gegenüber. Eine soziale, eine wirtschaftliche, eine ökologische Verantwortung. Unser Auftrag ist es, unsere Region nachhaltig zu stärken. Für die Menschen.“
Drei neue Exklusiv-Angebote für Mitglieder
Um dies als Vorstand umzusetzen, ist der Start eines längeren Prozesses in Zusammenarbeit mit dem Miteinander- und Strategieausschuss des Aufsichtsrats bereits erfolgt. Als erste Ergebnisse, um Menschen zusammenzubringen, stehen drei neue Angebote fest: So startet am Montag (13.6.) das neue digitale Vereinsheim. Ausschließlich für Mitglieder bietet es auf der S04-Homepage exklusive Inhalte und Informationen, Meinungsumfragen sowie Feedback. Zweite Neuerung: die Team-Kabine. „Dort wollen wir uns regelmäßig mit den Fanorganisationen vertrauensvoll austauschen und Meinungen einholen. Dabei gilt es, dieses Format miteinander gut auszugestalten, damit Vertrauen entsteht.“ Und als drittes Projekt wird im Herbst ein Mitglieder-Kongress stattfinden, bei dem Schalker zu vielen Workshops und Meinungsaustausch eingeladen sind.“
Um dem Selbstanspruch gerecht zu werden die Region zu stärken, hat der Vorstand einen Entschluss gefasst: „Wir werden jedes Jahr ein Prozent unserer Sponsoring- und Ticketing-Umsätze sozialen und nachhaltigen Projekte widmen.“ Als weiteres konkretes Beispiel habe Bernd Schröder bereits zum Heimspiel gegen den FC St. Pauli zwölf namhafte regionale Unternehmen eingeladen, um auszuloten, was man gemeinsam für die Region tun könne, und zwar mit dem FC Schalke 04 als Kommunikationsplattform.
„Alle diese Beispiele zeigen, wie ich als Vorstandsvorsitzender arbeite“, erklärte er. „Ich will Kräfte zusammenführen und in eine Richtung lenken, damit sie ihre ganze Wucht entfalten können. Und wenn wir das gemeinsam schaffen, dann ist hier auf Schalke verdammt viel möglich. Wir als Vorstand wollen darauf achten, dass wir realistisch bleiben und Schritt für Schritt gehen. Aber wir werden auch dafür sorgen, dass wir uns nicht kleiner machen, als wir sind. Denn wir sind Schalke 04!“
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