Simon Kranawetter
Der junge Oberösterreicher aus Aschach an der Steyr entdeckt samstags um 18.30 Uhr seine Leidenschaft für Königsblau. Kranawetter ist damals sieben, acht Jahre alt und guckt regelmäßig samt Papa, der mit Werder Bremen sympathisiert, die Sportschau. „Es kamen ein paar Dinge zusammen. Blau war meine Lieblingsfarbe, dann dieses tolle Stadion, die vielen Fans und Spieler wie Marcelo Bordon“, erinnert sich der heute 21-Jährige. „Da war‘s um mich geschehen, und ich beschloss: Die Blauen gefallen mir, die unterstütze ich!“
Christian Fuchs
Fortan saugt er alles auf, was er über den S04 findet. Er liest BravoSport, tapeziert sein Kinderzimmer mit Postern und freut sich, als mit Christian Fuchs ein Landsmann sein Lieblingsteam verstärkt. Das Pokalfinale 2011, das er am Fernseher verfolgt, und Raul steigern seine Begeisterung einmal mehr. In der Heimat hat er die königsblaue Leidenschaft jedoch weiterhin exklusiv, dabei verfolgen viele Österreicher die Bundesliga. „Meine Freunde interessieren sich zwar für den deutschen Fußball, halten jedoch zu Bayern oder Dortmund.“
Schlechte Zeiten
Kranawetter wird oft belächelt und gefoppt für seine Liebe zu Schalke, doch das macht sie nur noch stärker. „Ich bin abgehärtet“, gibt er lachend zu, „insbesondere nach dem Abstiegsjahr und der Saison davor.“ Gerne zitiert er Charly Neumann, man müsse in schlechten Zeiten Schalker sein. Als die Geschäftszahlen veröffentlicht werden und die Debatte um Clemens Tönnies entbrennt, will der Österreicher ein Zeichen setzen und bestellt Badelatschen, Maske und Trikot im Fanshop. Bozdogan prangt als Flock auf dem Rücken: „Ich wollte einen Spieler wählen, der hoffentlich länger bleibt.“ Schwamm drüber …
0:8
In seinem Trikot geht er auch 2020 am Abend der Auswärtspartie gegen Bayern München zum Training. „Glücklicherweise musste ich abends noch arbeiten, sodass ich das Spiel nur auf dem Handy verfolgen konnte.“ Fassungslos ist er trotzdem über die 0:8-Pleite seiner Blauen: „Ich dachte, das gibt’s doch gar nicht.“ Doch beim nächsten Training schlüpft er tapfer wieder ins Trikot. Im Januar 2021 füllt er dann seinen Mitgliedsantrag aus.
Premiere
Danach heißt es bald Zweite Liga für Königsblau, und die verfolgt Kranawetter sehr aktiv, obwohl er lange Zeit nicht glaubt, dass der direkte Wiederaufstieg winkt. Selbst als Mike Büskens übernimmt, zweifelt er: „Puh, ob das noch was werden kann?“ Zu der Zeit plant der Kommunikationswissenschafts-Student, der mittlerweile in Salzburg wohnt, einen dreiwöchigen Interrail-Trip durch Europa. Nach Aufstieg sieht es nicht aus, aber sein erster Besuch der VELTINS-Arena „wäre doch ganz geil“. So folgt also auf Mailand, Paris, Barcelona und Amsterdam standesgemäß: Gelsenkirchen. Während seiner Reise gewinnen die Knappen wichtige Spiele gegen den 1. FC Heidenheim und den SV Darmstadt 98 und wenden das Blatt langsam zu ihren Gunsten.
Heimspiel-Premiere
Werder Bremen heißt der Gegner zur Heimspiel-Premiere des 21-jährigen Globetrotters. Über Twitter, wo er sonst eher passiver Leser ist, fragt er in die Community, wer das Spiel live im Stadion verfolgt. „Ich selbst hatte gerade drei Follower und rechnete mir nicht viele Chancen auf Rückmeldungen aus“, berichtet er immer noch ungläubig, denn die Ereignisse überschlagen sich kurz darauf. Einige Schalker teilen den Tweet ebenso wie der offizielle Account von Schalke 04. Und es kommt noch besser …
Gänsehaut
„Ich bekam eine Nachricht direkt vom Verein, ob ich nicht etwas eher am Stadion sein wollte, sie hätten eine Überraschung für mich.“ Das muss man dem Österreicher nicht zweimal sagen. Es erwartet ihn eine exklusive Stadionführung: Medienbereich, Kapelle, Spielertunnel und Rasen. „Es war einfach nur: wow! Ich hatte Gänsehaut und konnte es kaum fassen, der Wahnsinn.“ Noch völlig geflasht sitzt er später auf seinem Platz und kommt mit den Sitznachbarn ins Gespräch, selbst dort ist er Thema. „,Ach, du warst das mit dem Tweet‘, sagte mein Nebenmann lachend zu mir.“ Selbst die 1:4-Klatsche gegen die Hanseaten kann dieses Erlebnis nicht wirklich verderben.
Teamspirit
Jetzt freut sich Simon Kranawetter auf die kommende Saison, auch wenn sie wohl nicht einfach wird, „aber wenn wir den Teamspirit von Mannschaft, Fans und Führung beibehalten, bin ich sicher, dass wir die Klasse halten können und in den nächsten Jahren wieder zur alten Stärke finden werden.“ Und er wird wiederkommen, zur Not alleine, schließlich ist man unter Schalkern nie einsam.
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