Tag der Organspende: Ein Rückblick auf Marius und die Aktion Herzenswünsche

Leben. Einfach nur leben. Auch Marius Schäfer hat durch die Herzenswünsche ein weiteres Stück Lebensmut gefunden. Er ist knapp zwei Jahre jung, da erhalten seine Eltern die lebensverändernde Diagnose: Ihr Sohn hat Mukoviszidose. Lange Zeit scheint er gut mit dieser Krankheit leben zu können, doch zum Jahreswechsel 2011/2012 verschlechtert sich sein Zustand rapide.

Als Elfjähriger auf der weiterführenden Schule arbeitet seine Lunge nur noch zu 25 Prozent. Eine Organtransplantation wird unausweichlich. Drei quälend lange Monate wartet Marius im Bochumer St. Josef-Hospital vergeblich auf eine Spenderlunge. Sein Lichtblick: Schalke, wie das Krankenzimmer schnell verrät – ein (T)Raum in Königsblau. „Das war jetzt mein Kinderzimmer für die nächsten Monate, also habe ich versucht, es mir so gemütlich wie möglich zu machen“, erklärt er. Fortan grüßen Huntelaar, Raúl und Draxler von den Wänden, ansonsten herrscht Ödnis.

„Die Zeit im Krankenhaus war langweilig, irgendwie deprimierend. Das Einzige, worauf ich hingefiebert habe, war das Spiel am Wochenende.“ Wie ein Teil der Mannschaft habe er sich gefühlt: „Sie kämpfen auf dem Platz, ich kämpfe im Krankenhaus, es geht nur gemeinsam.“ So auch am 2. März 2011: Die Königsblauen treten im Halbfinale des DFB-Pokals beim FC Bayern München an. Auf der Intensivstation in Bochum drückt ein Elfjähriger die Daumen. „Ich habe so laut geschrien, dass augenblicklich zwei Ärzte und drei Schwestern im Zimmer standen, die dachten, es sei sonst was passiert.“ Das war’s auch, zumindest für ihn und Schalke: „Raúl hatte das Kopfballtor gemacht, und wir haben 1:0 gewonnen.“

Auf seinen persönlichen Triumph über die Krankheit muss er weiter warten, doch ihm rinnt die Zeit davon. Seine Eltern schlagen Alarm und den Medizinern einen schwierigen Eingriff vor, der damals in Europa ein Novum ist. Die Eltern wollen Teile ihrer Lungen spenden, damit Marius leben kann. Am Freitag, dem 13. April, wird er ins Krankenhaus nach Hannover überführt, wo die Operation stattfinden soll. Völlig geschwächt verfolgt er die Derby-Niederlage vor dem Fernseher, dann kommt der große Tag.

Der Eingriff glückt, er erwacht aus dem Koma, die ersten eigenen Atemzüge gelingen, und: Das Herz schlägt immer noch für Königsblau. Intensivstation, Samstag, 15.30 Uhr, 34. Spieltag, Schalke siegt in Bremen, und Marius sieht, wie der „Hunter“ die Torjägerkanone empfängt. Einziger Wermutstropfen in diesen Tagen sei gewesen, als sein Onkel ihm offenbarte, dass Raúl den Verein verlassen wird. „Das war der Horror für mich.“ Dafür erhält Marius Post von Julian Draxler, der ihn im Auftrag der Aktion Herzenswünsche zum Spiel einlädt. Fußball. Im Stadion. Endlich.

Im Januar 2013 besucht Marius gemeinsam mit seinem Ärzte- und Pflegeteam, dem er die erfolgreiche Behandlung verdankt, das Duell mit Hannover 96. Vorher erst mal Atmosphäre schnuppern, den „heiligen“ Rasen berühren, Fotos auf der Trainerbank, die Nordkurve singt sich ein. „Das ist Gänsehaut pur“, findet er und strahlt. Das Duell sehen sie von einer Loge aus. „Alle waren sprachlos und dachten: Wow, das kann doch nicht alles für uns sein, wann kommen die anderen?“, erinnert er sich. Und das Kommen lohnt sich: neun Tore, Schalke gewinnt 5:4. Nach Abpfiff wartet Marius geduldig auf die Profis. Das nächste Highlight und die Erkenntnis: „Mir wurde schlagartig klar: Dafür habe ich mich ins Leben zurückgekämpft! Um solche schönen Momente erleben zu dürfen.“

Ein positiver Charakter war er bereits vorher, doch jetzt weiß er erst, wie stark er ist. Die harten Lehren in jungen Jahren haben Marius bewogen, anderen helfen zu wollen. Er wirbt für den Organspendeausweis, will andere informieren und ein schwieriges Thema aus der Tabu-Ecke holen. Auch beruflich möchte er Menschen unterstützen und hat sich für ein Studium der Sonderpädagogik entschieden.

Anlässlich des Tages der Organspende blickt Marius noch einmal zurück: „Schalke war immer meine Auszeit. Da konnte mir Blut abgenommen werden oder sonstiges, ich war einfach nur auf das Spiel fokussiert.“ Seit seiner Operation ging es stetig bergauf. Erst Corona bereitete ihm zu Beginn wieder Probleme. Als Teil der Risikogruppe war gerade die Anfangszeit für ihn eine schwierige Zeit: „Die ersten drei Monate habe ich zum Beispiel meine Freundin gar nicht sehen können, weil es zu dieser Zeit keine Tests oder Ähnliches gab.“

Doch mittlerweile kann er trotz Corona wieder am Leben teilnehmen. Auch zu einem Spiel in der VELTINS-Arena hat er es geschafft: „Gegen Bremen war ich endlich mal wieder im Stadion. Es war wirklich toll – nur leider das falsche Spiel…!“

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Source: © Feed by Schalke04.de

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