Christoph Bühler: Wir haben viele schlaue Köpfe, die gut zusammenpassen

Christoph, du bist seit etwas mehr als zweieinhalb Monaten auf Schalke tätig. Wie hast du dich als gebürtiger Breisgauer im Ruhrgebiet eingelebt?
Sehr gut, aber das habe ich auch nicht anders erwartet. Schließlich ist das Ruhrgebiet für mich kein Neuland. Es war für mich eher eine Rückkehr, da ich vor einigen Jahren bereits hier gelebt habe. Ich mag die Region, es gibt zahlreiche spannende und schöne Orte, zudem auch viele grüne Flecken. Viel mehr, als man als Außenstehender denkt.

Der S04 ist bereits der vierte Verein, bei dem du als Co-Trainer an der Seite von David Wagner arbeitest. Wie habt ihr euch kennengelernt?
Das war in Heidelberg während meines Studiums (Lehramt, Anm. der Redaktion). Zu der Zeit haben wir gemeinsam bei der TSG Weinheim gespielt. David hat seinerzeit dort seine Profikarriere ausklingen lassen. Er war Stürmer, meine Position war auf der Außenbahn. Wir haben uns gut verstanden und in der Folgezeit haben wir dann gemeinsam Jugendmannschaften bei der TSG 1899 Hoffenheim trainiert. Von David habe ich vieles lernen können, da er den Background als Profi hatte. Ich kam hingegen aus dem Amateurfußball und dem Nachwuchsbereich, sodass ich andere Aspekte in unsere Arbeit einbringen konnte.

Von David habe ich vieles lernen können.

Christoph Bühler

Auf die Zeit in Hoffenheim folgte zunächst ein Engagement bei Borussia Dortmunds Zweitvertretung, anschließend hattet ihr eine sehr erfolgreiche Zeit bei Huddersfield Town. Was sind die herausragenden Momente aus deiner Zeit in England, an die du dich besonders gerne zurückerinnerst?
Da gibt es einige. Unser allererstes Heimspiel zum Beispiel. Da haben wir direkt unsere Idee von Fußball auf den Platz bringen können. Der Spielaufbau über den Torwart, von links nach rechts und von rechts nach links. Das war für die Zuschauer in Huddersfield neu. Während der 90 Minuten gab es deshalb nicht nur einmal ein richtiges Staunen und Raunen auf den Rängen. Gerne denke ich auch an die Derbys gegen Leeds United in der Championship zurück. Das waren stets heiße Duelle. Über allem steht aber natürlich der Aufstieg in die Premier League. Das dramatische Aufstiegsendspiel gegen den FC Reading im Wembley-Stadion, so etwas vergisst man sein Leben lang nicht mehr.

Ihr habt damals im Elfmeterschießen mit 4:3 gewonnen. Hast du beim entscheidenden Schuss von Christopher Schindler hinschauen können?
Ja, obwohl die Anspannung riesengroß war. Wir standen als Mannschaft zusammen an der Seitenlinie. Als der Ball im Netz gezappelt hat, war der Jubel riesengroß. Wir sind dann alle gemeinsam losgestürmt. Ich stand neben Thommy Smith, unserem Rechtsverteidiger, der wegen einer Verletzung während des Spiels ausgewechselt werden musste. Er konnte nicht wirklich rennen, obwohl er wollte. Stattdessen ist er gehumpelt. Deshalb ist er nach ein paar Metern einfach liegen geblieben und wir haben uns gemeinsam vor Freude auf dem Rasen gewälzt. In diesem Moment wussten wir alle, dass uns viele interessante Spiele in der Premier League bevorstehen.

Und da gab es einige Highlights!
Wir haben beispielsweise Manchester United zu Hause geschlagen und am Saisonende als absoluter Underdog sensationell die Klasse gehalten. Den Ligaverbleib haben wir am vorletzten Spieltag mit einem 1:1 beim FC Chelsea perfekt gemacht. Für unseren Gegner ging es damals um die Champions-League-Qualifikation, uns wurde also nichts geschenkt. Ganz im Gegenteil. Nach dem Spiel haben wir dann spontan entschieden, die Rückreise zu canceln. Stattdessen haben wir in London die Nacht zum Tage gemacht. Ich kann mich aber auch noch ganz genau an meinen allerersten Tag in Huddersfield erinnern. Da musste ich erst mal schlucken.

Wieso das?
Ich dachte: England, Zweite Liga, das ist bestimmt wie im Paradies. Aber uns hat genau das Gegenteil erwartet. Die Infrastruktur war nicht wie ich sie erwartet hatte, sehr rudimentär. Uns stand zum Beispiel nur eine ganz kleine Trainerkabine abseits der Geschäftsstelle zur Verfügung. Und wenn David ein Einzelgespräch mit einem Spieler geführt hat, haben ich und meine Kollegen nicht nur einmal im Regen vor der Tür gewartet.

Wann war klar, dass du Co-Trainer auf Schalke wirst?
Natürlich haben David und ich auch nach dem Aus in Huddersfield stets Kontakt gehalten. Als es die ersten Kontakte zwischen David und Schalke gab, war schnell klar, dass bei ihm etwas entfacht wurde. Und dass ich ihn bei dieser Aufgabe unterstützen werde. Für die Chance bin ich sehr dankbar. Bereits in den ersten Wochen war zu spüren, wie groß dieser Verein ist. Das ist mir vor allem beim Schalke-Tag bewusst geworden.

Bereits in den ersten Wochen war zu spüren, wie groß der FC Schalke 04 ist.

Christoph Bühler

Du selbst hast in der Oberliga gespielt und bist bereits mit 21 Jahren Trainer geworden. War es bereits in frühen Jahren dein Ziel, einmal an der Seitenlinie zu stehen?
Ich war zu meiner aktiven Zeit schon immer jemand, der Verantwortung übernommen hat, der vorangegangen ist und versucht hat, seine Mitspieler mitzunehmen. Aber das bedeutete im Umkehrschluss nicht, dass es von Anfang an mein Plan war, Trainer zu werden. Das hat sich so ergeben. Denn meine Karriere als Spieler war recht schnell zu Ende.

Aus welchem Grund?
Leider war mein Körper nicht für höherklassigen Fußball gemacht. Bei meiner Zeit als Jugend- und Amateurspieler beim SC Freiburg hatte ich immer wieder schwere Schulterprobleme. Und damals war die medizinische Versorgung noch eine andere, phasenweise habe ich wochenlang einen Stützverband getragen und war dementsprechend immer wieder raus. So kam es zum schnellen Übergang in das Trainergeschäft. Es war aber zunächst nicht mein Ziel, im Profibereich Fuß zu fassen. Ich wollte Lehrer werden, und mein Gedankengang war eigentlich, an einer Schule zu arbeiten und parallel eine Oberliga- oder Verbandsligamannschaft zu trainieren.

Es kam dann aber anders …
Ich habe in Sinsheim an einer Partnerschule der TSG 1899 Hoffenheim gearbeitet. Dort war ich zu 50 Prozent Lehrer und zu 50 Prozent Trainer. Irgendwann hat der Fußball dann Überhand genommen. Mittlerweile arbeite ich seit rund sechs Jahren hauptberuflich im Profifußball.

Hast du Ambitionen, in Zukunft selbst einmal als Chef-Trainer tätig zu sein?
Diese Frage wird mir häufiger gestellt. Und meine Antwort ist stets die gleiche: Ich sehe mich als Teil der Gruppe um David Wagner. Die Rolle als Co-Trainer fülle ich in unserem Team mit großer Freude aus. Ich komme jeden Tag mit Spaß zur Arbeit und versuche für David, das Trainerteam und für die Mannschaft voll da zu sein. Im Moment ist alles gut so wie es ist.

Mit Frank Fröhling und Matthias Kreutzer zählen zwei weitere Co-Trainer zum Übungsleiterstab. Wie teilt ihr euch die Arbeit auf?
Wir planen sämtliche Einheiten gemeinsam mit David. Es gibt keine Übung, die nicht im Vorfeld gemeinsam besprochen wurde. Jeder Einzelne übernimmt auf dem Platz dann unterschiedliche Aufgaben, am Ende ist es aber immer Teamwork.

Du wirkst während der Einheiten sehr engagiert, motivierst immer wieder und treibst die Spieler an.
Auf dem Platz bin ich emotional voll dabei, ich kann mich da nicht verstellen. Es ist aber auch nicht so, dass ich immer antreibe und motiviere. Es gibt Übungen, bei denen das Antreiben sinnvoll ist, zum Beispiel bei kleinen Spielformen oder im Umschaltspiel. Beim Torschuss hingegen geht es nicht um Emotion, sondern um Genauigkeit. Da halte ich mich dann auch etwas mehr zurück.

Wir wollen aktiv agierend, und nicht passiv und reagierend spielen.

Christoph Bühler

Wie würdest du eure Idee vom Fußball beschreiben?
Wir wollen aktiv agierend, und nicht passiv und reagierend spielen. Ich glaube, dass das bei vielen Spielern positive Energien und Selbstbewusstsein freisetzt. Denn wir stellen uns als Team in den Vordergrund, daran können wir arbeiten – individuell und mannschaftstaktisch. Wenn man hingegen nur auf den Gegner schaut und immer nur reagiert, ist es anders, dann ist es auch für den Kopf schwieriger. In den ersten Spielen haben wir viele Dinge schon gut gemacht. Gerade der Punktgewinn zum Auftakt in Mönchengladbach war wichtig. Aber es wird sicherlich zwischendurch auch Phasen geben, in denen es eher zäh läuft. Auch das gehört im Fußball dazu. In diesen Momenten sollte man stark bleiben. Nicht nur wir als Mannschaft, sondern ganz Schalke. Dann müssen wir zusammenhalten.

Veränderungen hat es nicht nur im Trainerstab gegeben. Auch rund um die Mannschaft arbeiten einige neue Gesichter. Wie gefällt dir das „Team um das Team“?
Wir haben viele schlaue Köpfe, die gut zusammenpassen und die auf ihrem jeweiligen Gebiet über eine hervorragende Expertise verfügen. Wenn man offen für neue Dinge ist, kann jeder von dem anderen partizipieren. Und wenn man einmal weiterdenkt, wird dabei am Ende mit sehr großer Wahrscheinlichkeit etwas herauskommen, das leistungsfordernd und -fördernd ist. Dabei sehe ich uns auf einem guten Weg. Wenn wir es schaffen, in allen Prozessen eine Mittel- und Langfristigkeit reinzubekommen, dann ergeben sich noch viel mehr Symbiosen und Potenziale, die man offenlegen kann. Davon werden am Ende die Mannschaft und damit auch der Verein profitieren.

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